„Schulmyopie“ – was ist das denn?

Eine zunehmende Augenerkrankung auf weiterem VormarschVor dem Schulalter sind die meisten Kinder weit- oder normalsichtig, zwischen dem 8. bis 15. Lebensjahr entwickelt sich häufig eine Kurzsichtigkeit, die man aufgrund ihres Auftrittsalters auch „Schulmyopie“ nennt. Die Zunahme der Myopie kommt meist im Alter von 20 bis spätestens 30 Jahren zum Erliegen.
Seit vielen Jahren wird weltweit ein vermehrtes Fortschreiten hoher Kurzsichtigkeiten im Kindes- und Jugendalter festgestellt und durch Studien belegt. So zeigte die Metaanalyse von Holden et al., dass die Entwicklung der Myopie weltweit dazu führt, dass bis zum Jahr 2050 56 % der Bevölkerung eine Myopie entwickeln werden. Eine hohe Myopie von mehr als 5,0 dpt liegt nach der Analyse bei 9,8%.
Die häufigste Ursache einer Kurzsichtigkeit ist eine genetisch bedingte Verlängerung des Augenapfels (= Achsenmyopie), deren Symptome sich meist erst im Schulalter bemerkbar machen. Des Weiteren kann aber auch eine sogenannte Brechungsmyopie (Brechkraft der Hornhaut und der Linse sind verhältnismäßig zu stark ausgeprägt) dazu führen, dass der Brennpunkt der Lichtstrahlen wie bei einer Achsenmyopie nicht auf der Netzhaut, sondern davor liegt. Insgesamt wirken sich unsere veränderten Lebens- und Alltagsgewohnheiten (vermehrte Naharbeit, Mangel an Tageslicht und Aufenthalt im Freien) sowohl auf den Brechungsindex als auch durch gehäufte Nahfokussierung wohl auf das Längenwachstum des Augapfels aus und begünstigen somit ein Fortschreiten der Myopie.

Durch den schleichenden Prozess bleibt die Sehverschlechterung im Fernbereich bei einer fortschreitenden Myopie häufig erstmal unbemerkt. Die Kinder/Jugendlichen „mogeln“ sich durch den Schulalltag, oftmals auch, weil sie keine Brille möchten.
Eltern sollten augenärztliche/orthoptische Vorsorgeuntersuchungen zum Ausschluss einer Kurzsichtigkeit aber nicht nur aufgrund der Schulleistungen und Verkehrstauglichkeit ihrer Kinder als zwingend wichtig wahrnehmen, sondern auch zur Früherkennung und Behandlung von Folgeerkrankungen des Auges, die zu einem bleibenden Sehverlust führen können.
Kurzsichtige Menschen leiden aufgrund der anatomisch verdünnten Netz- und Aderhaut viel häufiger und früher an Augenerkrankungen, wie degenerativen Netzhauterkrankungen, Netzhautablösung und Grünem Star – eine frühzeitige Einleitung therapeutischer Maßnahmen ist hier deshalb von besonderer Bedeutung.

Empfehlungen des Berufsverbandes Orthoptik Deutschland e.V. www.orthoptik.de:
–          Vorsorgeuntersuchungen vom spätestens 2. bis zum 17. Lebensjahr
–          Vermehrte Nutzung von Tageslicht
–          Vermehrter Aufenthalt (Spielen) im Freien
–          Lange Lesedauer (bei guter Beleuchtung!) mit Pausen belegen
–          Leseabstand von mindestens 30 cm Abstand einhalten
–          Tätigkeiten am Tablet/Smartphone auf ein Mindestmaß beschränken

… bei rascher Zunahme der Kurzsichtigkeit im Kindesalter bieten sich zusätzliche Möglichkeiten an, um das Fortschreiten einzudämmen:
–          Medikamentös (Atropin 0,01 %)
–          Orthokeratologie (speziell formstabile angepasste Kontaktlinsen zur Nacht)
–          Brillenkorrektur mittels Bifokal- oder Gleitsichtgläsern
–          Multifokale Linsen

Sprechen Sie uns und Ihren Augenarzt Ihres Vertrauens daraufhin an.

Quellennachweis:
Holden BA, Fricke TR, Wilson DA, et al.: Global prevalence of myopia and high myopia and temporal trends from 2000 through 2050. Ophthalmology 2016; 123: 1036–42
https://www.aerzteblatt.de/archiv/193148/Myopieprophylaxe
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/104843/Immer-mehr-Kinder-sind-kurzsichtig
https://www.woche-des-sehens.de/infothek/presse/pressetexte


Bild_Instagramm_Myopie.jpg

Der optische Brennpunkt liegt bei einer Myopie vor der Netzhaut. Eine Korrektion mit konkaven Brillengläsern oder Kontaktlinsen ermöglicht eine scharfe Abbildung.
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